Messabweichungen bei Vergleichsmessungen

Messabweichungen bei Vergleichsmessungen

Wie wir bereits aus den "7 GOLDENEN REGELN DER FIEBERMESSUNG" wissen, gibt es keine allgemeingültige Normaltemperatur des Körpers, weil die Körpertemperatur kein stabiler physiologischer Parameter ist. Dutzende Faktoren beeinflussen die Temperatur dynamisch:

  • Umgebungstemperatur
  • Bewegung
  • Stress
  • Erkrankungen
  • Tageszeit
  • Ernährung etc.

Die Körpertemperatur kann sich deshalb durchaus innerhalb von Minuten um einige zehntel Grad ändern – eben je nach Einfluss/Situation.

Hinzu kommt, dass jeder Mensch individuell zu betrachten ist. Unterschiede in den Fiebereinstufungen herrschen bereits zwischen Erwachsenen und Kindern. 

VORAB: Tendenziell raten wir von Vergleichsmessungen ab, da diese oft nur irreführend sind und ggf. Panik schüren, welchem Thermometer man überhaupt noch vertrauen kann. Der Körper kann innerhalb von wenigen Minuten seine Temperatur ändern, was eine Widerholbarkeit der identischen Messbedingungen unmöglich macht!

Eine rektale Vergleichsmessung ist dann sinnvoll, wenn Sie bei andere Messmethoden (oral, axillar, im Ohr oder auf der Stirn) verunsichert sind und sich rückversichern möchten. Die rektale Messung ist die sicherste Messmethode, da diese am wenigsten anfällig für Anwendungsfehler ist und die Kerntemperatur gemessen wird (weniger Einfluss der Umgebungstemperatur). 

KENNEN SIE IHRE BZW. DIE NORMALTEMPERATUR IHRER FAMILIENMITGLIEDER?

Es ist wichtig, dass Sie für sich und Ihre Familienmitglieder die Normaltemperatur (WICHTIG: Normaltemperatur der jeweiligen Messmethode - oral, axillar, im Ohr oder auf der Stirn) kennen und sich auf diese Werte beziehen, wenn Sie sich oder Ihre Familienmitglieder unwohl und/oder krank fühlen. Messen Sie deshalb die Körpertemperatur bei sich und Ihren Familienmitgliedern, wenn Sie sich gesund und fit fühlen und nehmen Sie sich diesen Wert zu rate, um zu sehen, ob erhöhte Temperatur oder Fieber vorliegt!

Nachfolgend möchten wir Ihnen gerne genauer erläutern, welche Einflüsse sich bereits – auch bei der rektalen Messung –  auf die Körpertemperatur auswirken.

KLEIDUNG, WINDELN, DECKEN & KÖRPERNÄHE

Kleidung und Windeln wirken isolierend. Gefüllte Windeln isolieren, technisch gesehen, mehr als trockene. Zur Messung muss das Baby ausgezogen werden, meist wird das Baby dann fixiert, um ein Herausrutschen des Thermometers zu vermeiden. Knie zur Brust mit einer Hand fixiert, die zweite Hand führt das Thermometer.

Es kann einen thermischen Einfluss haben, wenn das Kind oder auch der Erwachsene vorher zugedeckt waren (Bettdecke, Kuscheldecke, dicker Schlafanzug etc.). Dadurch staut sich die Hitze zusätzlich und wird über den nackten exponierten Popo wiederum relativ schnell abgebaut. 

Wird das Kind ganz nahe am Körper des Elternteils getragen, z. B. um es zu beruhigen, kann sich die Wärme auch stauen – Als Papa/Mama hat man da oft das Gefühl, als ob man einen kleinen Heizkörper mit sich rumträgt. Die gegenseitige Körpernähe wärmt und hat einen vergleichbaren Effekt wie Zudecken – vor einer Temperaturmessung eine denkbar schlechte Ausgangslage für eine stabile wiederholbare Messung.

Werden bei den geschilderten Einflüssen/Situationen zwei Messungen nacheinander durchgeführt, wird die erste Messung aller Wahrscheinlichkeit nach höher sein als die Zweite. Im Regelfall dauert es etwas, bis die Messungen nacheinander abgeschlossen wurden (1-2 Minuten). Dies hat bei der rektalen Messung damit zu tun, dass der Popo hinsichtlich der Umgebungstemperatur exponiert ist und nach und nach abkühlt – das kann durchaus ein halbes Grad ausmachen.

 

KÖRPERLICHE AKTIVITÄT & GEMÜTSZUSTAND

Körperliche Aktivität wärmt! Messen Sie die Temperatur kurz nachdem Ihr Kind gerannt ist oder Sie selbst vielleicht gerade Hausarbeit gemacht haben, wird die Körpertemperatur höher ausfallen. 

Schreiende/weinende Kinder oder gestresste Erwachsene heizen sich auch auf. Wenn ein Kind minutenlang weint, weil es eben krank ist oder ein Erwachsener sich aufregt und dann gemessen wird, ist die Körpertemperatur höher als im Ruhezustand.

Ein weiterer Grund ist oft, dass das Kind die erste Messung gut toleriert, bei der zweiten aber stark zappelt, weshalb die thermische Kopplung zwischen Gewebe und Messspitze reduziert wird.

ESSEN UND TRINKEN

Wird z. B. kalte Limonade getrunken, so will der Körper das Getränk nach und nach auf Körpertemperatur bringen. Je nach Menge hat das durchaus signifikanten Einfluss auf die Körpertemperatur. Zusätzlich kühlt die kalte Flüssigkeit auch den Körper ab. Man kennt das von der Badewanne. Man lässt sich ein Bad ein und stellt dann fest, dass es viel zu heiß ist. Um die Temperatur des Wassers wieder nach unten zu regulieren, wird der Wasserhahn für 3 Sekunden auf kalt gestellt. Das Badewannenwasser hat nun die gewünschte Temperatur (oder ist schon wieder zu kalt) – hier ist das Mengenverhältnis ca. 150 Liter bei 40 °C zu 1-2 Liter mit 10 °C und das reicht um 1-2 °C abzukühlen. Beim menschlichen Körper ist es nicht ganz so extrem, aber zur Veranschaulichung ist das Beispiel relativ verständlich. Umgekehrt funktioniert das auch mit heißen/warmen Getränken (z. B. Babyflasche!).

THERMOMETERPOSITIONIERUNG AM MESSORT / UNTERSCHIEDLICHE MESSORTE

Die Positionierung des Thermometers am Messort und generell unterschiedliche Messorte sollten grundsätzlich nicht miteinander verglichen werden. 

Selbst am selben Messort kann es zu leichten Abweichungen kommen.
Beispiele:

  • rektale Messung: Die Einführtiefe bei der rektalen Messung kann zu Abweichungen führen. Wird bei einer der Messungen zu tief oder aber zu wenig tief eingeführt, so ist die thermische Kopplung zwischen Gewebe und Messspitze geringer, was zu einer "Unterbewertung" führen kann.
  • orale Messung: Wie Sie der Abbildung entnehmen können, herrschen innerhalb der Mundhöhle Temperaturunterschiede von bis zu 0,7 °C. Beachtlich ist, dass es sich um Abstände von wenigen Zentimetern handelt!



TECHNISCHE GRÜNDE

  • Unterschiede von ΔT = 0,2 °C zwischen zwei Stabthermometern lassen sich unmittelbar erklären. Stabthermometer weisen meist eine Genauigkeit von ± 0,1°C auf. Wenn eines der Thermometer um 0,1 °C unterbewertet und eines um 0,1 °C überbewertet, liegt zwischen den zwei Thermometern ein ΔT = 0,2 °C vor.
  • Man möchte aus Komfortgründen eine möglichst schnelle Messung. Das hat zur Folge, dass das Thermometer schnell ein Ergebnis anzeigen soll. Dies wiederum lässt sich durch das Stabilitätskriterium bedingt steuern.
    Was bedeutet das? Das Thermometer muss irgendwie wissen, wann es fertig mit einer Messung sein soll. Dies wird dadurch bestimmt, dass man eine Definition trifft, wann das Thermometer fertig gemessen hat. 
    Als Beispiel: das Thermometer soll piepen, wenn die Temperaturänderung innerhalb von 16 Sekunden kleiner als 0,1 °C ist. Das bedeutet im Grunde aber nicht, dass die Messung tatsächlich komplett fertig ist. Würde man beispielsweise 1 Minute weitermessen, könnte die Temperatur theoretisch noch um bis zu 0,4 °C ansteigen. Ist das Stabilitätskriterium bei 6 Sekunden kleiner als 0,1°C, wäre bei einer Verlängerung der Messung um 1 Minute eine Differenz von bis zu 1,0 °C möglich.
  • Ein technischer Defekt kann natürlich nie zu 100 % ausgeschlossen werden. Erfahrungsgemäß liegt die Defektrate aber unter 1 bei 100.000 produzierten Thermometern, bei dem sich im Labor eine Messabweichung nachweisen lässt.